Heizer auf dem Taurus
(Bericht von Reinhard Ehrlich, Juni 2016)
Heizer, was für'n Heizer? - Für alle Spätgeborenen: Eine Dampflok muss mit Kohle geheizt werden um aus Wasser Dampf zu erzeugen. Dieser treibt über ein kompliziertes System, bestehend aus Behältern und Röhren, Stangen und Rädern, ein meist schwarzes Ungetüm, die Dampflok an.
Dampflok? - Ja, die gab's. Früher, heute noch im Museum oder auf musealen Sonderfahrten. Ein recht unwirtschaftlich arbeitendes Gefährt, schmutzig und laut. Aber in der Jugendzeit der heute über 50-Jährigen war sie, die Dampflok, der Inbegriff für Technik, Kraft und Schnelligkeit. Für viele Jungs war deshalb Lokführer vorpubertärer Berufswunsch!
Taurus? - Das ist lateinisch für Stier, doch mittlerweile eine Bezeichnung für zahlreiche und unterschiedlichste Dinge und Begriffe. Hier geht es um diesen:
Ein entsprechendes Modell dieser kraftvollen, elektrischen Lokomotive gibt es demnächst bei der Firma
„KISS Modellbahn Service“ für die Spur 1.
Bei Entwicklung, Konstruktion und Fertigung eines Handmusters wirkte Marcus Jaegers, Moderne Güterwagen Modelle, mit. Ausgestellt wurde dieses Handmuster erstmals auf der diesjährigen Spur -1-Messe in Sinsheim und empfing viel Lob, Bewunderung und Anerkennung.
Ein Besucher dieser Messe, Peter Kandziora, gab sich nicht nur als begeisterter Spur-Einser zu erkennen, sondern vom Beruf her als Spezialist dieser Bauart. Er lud Mac und mich zu einer Testfahrt auf "seinem" Taurus ein. Der sieht so aus.
Die Testfahrt erfolgte sehr kurzfristig und sollte zu weiteren Erkenntnissen über Details führen, die am Handmuster noch fehlen. Sie war mit der Erlaubnis verbunden, alle Fragen zu stellen und viele Fotos zu machen.
In Oberhausen/Rheinland begann die Fahrt. Von Peter wurde die Lok, eine Siemens ES64U4-C im Besitz von RTS, übernommen. Sie ist eine Taurus der 3. Generation.
Anzuhängen waren eine Siemens ER20, auch bekannt unter dem Namen Hercules, diesel-elektrisch angetrieben ...
... sowie ein kompletter Gleisbauzug der Fa. RTS Swietelsky, Graz
Zu bewältigen hatten wir zirka 200 km zu einer Baustelle im östlichen Nordrhein-Westfalen. Die Strecke führte über den nördlichen Raum des Ruhrgebietes nach Hamm und weiter Richtung Lippstadt, Paderborn, Altenbeken bis Warburg.
Und nun zum heutigen Berufsbild des Heizers. Er muss kein Feuer mehr anfachen und stundenlang Wasser kochen. Auch Abschmieren und Herumklettern auf und unter der Lok entfallen größtenteils. Eine Sichtkontrolle von außen und Begehung des Inneren genügen. Stattdessen erfolgt das Hochfahren der rechnergestützten Fahr- und Kontrollaggregate. Hier gab es die Herausforderung, die ER20 traktionsmässig und führerlos miteinzubeziehen. Nach einer guten Stunde war alles im Lot und Peter meldete uns zur pünktlichen Abfahrt an. Kurz darauf ging's dann auch los. Signal auf Fahrt, Regler auf!
Halt, nun muss es gesagt werden: Peter ist von Beruf Heizer, aber heute Lehrlokführer (!), also in der Gilde der Lokführer ganz weit oben angesiedelt. Ihm oblag jetzt die Verantwortung über sehr viel Geld. Wir überschlugen die direkten Neuwerte und kamen auf einen bedeutenden Millionenbetrag. Aber bedeutender dürfte noch der indirekte Schaden sein, wenn die Fuhre verunglücken würde, Verspätungen entstünden, Konventionalstrafen zu zahlen wären, ein Imageschaden über Jahre hinweg könnte sich ergeben.
Wir haben es drei Stunden später gesehen. Die Baustelle war voll eingerichtet und abgesichert. Der Verkehr auf der doppelgleisigen Strecke in diesem Bereich auf "eingleisig" reduziert und signalisiert. Der Bautrupp quasi in Wartestellung. Alles nötige Material vorbereitet.
Und deshalb begann die Fahrt sehr sanft. Peter fühlte quasi, ob der Zug bereit war, alle Bremsen gelöst waren und ein freies Rollen gewährleistet wäre. Nur ein winziger Zug am Regler, der heute in einer solchen Lok nur noch aus einem Joystick-artigen Schalthebel besteht.
Hier ein Bild vom Fahrpult.
Fast unmerklich bewegte sich die Lok, ein straff gekuppelter Zug, weit über 500 m lang, die Tonnage war keine Herausforderung - jetzt würde der erfahrene Lokführer sofort eine blockierte Bremse bemerken. Eine blockierte und nicht freilaufende Achse könnte zu einem großen Schaden führen. Heißlaufen könnte zu einem Brand führen und auch Zugzerreißungen hat es schon gegeben, wo also die Kupplung zerrissen wurde.
Doch Peter war, Gott sei Dank, zufrieden und erhöhte langsam das Tempo. Wir rollten mit 40, später mit 60 durch's Revier, wie es hier heißt. Hinter Hamm waren auch schon mal 90 und 100 Sachen drin und wir erreichten pünktlich die Baustelle, wo winkende Bauarbeiter die Fuhre begrüßten und auf eine arbeitsame Nachtschicht gefasst waren.
Hiermit möchten wir Peter sehr danken, dass er uns dieses Erlebnis ermöglicht hat, wir unsere fehlenden Fotos machen konnten und ihn mit vielen Fragen löchern durften. Und einen Arbeitsauftrag haben wir auch noch von ihm erhalten: Wir sollen uns mal um das Modell eines Res kümmern
Machen wir Peter, versprochen!
Deine Spur-1-Freunde Marcus und Reinhard